Da sich mein Hirn aus nicht bekannten Gründen außer Stande sieht, fremdländisch anmutende Sprachen in Wort & Schrift ausreichend zu verarbeiten, nutze ich die somit freien Ressourcen meines Hirns, um mir über allerlei Unwichtigkeiten ´n Kopf zu machen. Und da ich mit den tiefgreifenden Gedanken über Unwichtigkeiten schon als Kind angefangen habe, kann es durchaus sein, dass ich fremdländisch anmutende Sprachen nicht verarbeiten kann, da mein Hirn die hierfür notwendigen Areale von Anbeginn an anderweitig nutzte… oder so ähnlich. Egal!
Hier hatte ich ja schon mal aufgeschrieben, was ich so übers Denken denke. Und wahrscheinlich ist es sinnvoll, sich den Beitrag nochmals ins Gedächtnis zu rufen, um nachfolgendes zu verstehen. Wobei Verstehen dann doch viel verlangt ist… zu erahnen, wie ich ticke, trifft es wohl eher!
Nachdem ich mir schon als Kind den Kopf darüber zerbrochen habe, wie das mit dem Denken so ist, kam irgendwann der Aspekt Fantasie hinzu. Ich fing an, mir Gedanken darüber zu machen, was Fantasie eigentlich ist und warum manche Menschen so überhaupt keine haben, wie ich zumindest fand. Und ich sinnierte sehr lange darüber nach, ob es nun gut oder schlecht ist, völlig frei von jeglicher Fantasie zu sein. Und ich fragte mich natürlich auch, warum manche Menschen so fantasielos daherkommen.
Eltern haben hautnah miterlebt, wie fantasievoll kleine Kinder sind: Du erzählst ihnen irgendeine erfundene Geschichte – und sie glauben dir! Sie glauben an Elfen, die gute Fee und an die böse Hexe, sie glauben an sprechende Mäuse und von mir aus auch an einen tanzenden Wischmop. Es ist völlig egal, was du einem kleinen Kind erzählst, es glaubt dir. Aber glaubt es Dir, weil es genug Fantasie hat, um sich einen tanzenden Wischmop vorstellen zu können, oder glaubt es Dir, weil es nicht weiß, dass Wischmöpse gar nicht tanzen können?
Nun ja, später in der Schule dann konnte man an den Aufsätzen ablesen, wie viel Fantasie sich ein Kind bewahrt hat. Mein Lieblingsaufsatz war der „Ich Nachts allein im Kaufhaus“. Ein herrliches Gedankenspiel, wie ich fand. Noch viele, viele Jahre lang schlenderte ich in meinen Gedanken des Nächtens durch Kaufhäuser, schlemmte mich durch die Süßwarenabteilungen, spielte mit den tollsten Spielsachen und probierte die begehrenswertesten Klamotten an. Gelegentlich gruselte es mich ein wenig, wenn z.B. die vorbeiziehenden Scheinwerfer eines Autos manchen Dingen ein schattenhaftes Leben einhauchten. Oder wenn das Gebäude leise ächzte und knackte, der Wind mit den Klappen der Lüftungsanlage spielte oder ein achtlos hingelegter Ball endlich der Schwerkraft Tribut zollte und mit einem matten Patsch auf den Boden fiel und leise sirrend zur nächsten Regalkante rollte…
Nun, ich wurde älter und irgendwann wurde mir bewusst, dass so ein Kaufhaus garantiert alarmgesichert ist. Und so musste ich in meinen Gedanken immer erst in den mit einer Notbeleuchtung spartanisch erhellten Keller hinuntersteigen, um diesen riesengroßen Hauptschalter der Alarmanlage umzulegen, bevor ich nach Herzenslust durch das Kaufhaus schlendern konnte. Als ich dann irgendwann von der „Wach & Schließgesellschaft“ erfuhr, war es schlagartig mit meinen nächtlichen Streifzügen vorbei – ich wollte ja schließlich nicht erwischt werden!
Meine absolute Lieblingsfantasie als Kind war jedoch die vom kaputten Kaugummiautomaten. In meinen Gedanken steckte ich ein Geldstück in den Mechanismus, drehte an dem metallenden Griff und schon purzelte der ganze Inhalt des Automaten durch die silberne Klappe. Ich brauchte immer eine große Tüte, um all die Kaugummikugeln und all die kleinen Plastikdinger mit den tollen Ringen, den minikleinen Taschenmessern und dem sonstigen Schnickschnack darin aufzufangen. Dabei ging es mir gar nicht um das Kaugummi – ich war fasziniert von dem Schnickschnack in den Plastikdingern. Und wohl abertausend Mal habe ich mir den kaputten Kaugummiautomaten vorgestellt – und immer hatte ich in Gedanken eine große Tüte mitgenommen, wenn ich mich auf den Weg zu meinem Lieblingsautomaten gemacht hatte!
Irgendwann fragte ich mich, ob das Fantasie ist, sich vorzustellen, was man nachts allein so alles in einem Kaufhaus erleben könnte. Und ich fragte mich, wie viel Fantasie steckt in dem kleinen Tagtraum vom kaputten Kaugummiautomaten. Eine letztschlussendliche Betrachtung fand ich nicht. Mal fand ich es fantastisch, sich diese Dinge vorstellen zu können, dann wieder dachte ich: das hat überhaupt nichts mit Fantasie zu tun. Du hast in Gedanken einfach Dinge genommen, die du kennst und dazu ein bisschen Wunschdenken gepackt. Sich einen kaputten Kaugummiautomaten vorzustellen ist doch wirklich das Simpelste ever. Ich fand dass der, der den Kaugummiautomaten erfunden hat, Fantasie hatte. Ich meinte, hey, da muss man ersteinmal drauf kommen: einen kleinen Aotomaten zu ersinnen, in denen Kinder Geld hineinstecken können, um dafür Kaugummi zu bekommen. Vor 500 Jahren wäre ein Kaugummiautomat nicht einmal denkbar gewesen. Wie auch, niemand hatte damals die Kaugummikugeln erfunden. Und als es sie dann endlich gab, hatte ein schlauer Mensch die bunten Kugeln einfach in einen kleinen Automaten gepackt… ha, vielleicht hatte das dann doch nichts mit Fantasie zu tun, eher mit Profitdenken. Da waren die Kaugummikugeln und dort die Kinder mit ihren Groschen. Und der Erfinder der Kaugummiautomaten hat nur beide zusammengebracht – eigentlich ein recht fantasieloser Akt.
Aber wenn das Erfinden eines Kaugummiautomaten nichts mit Fantasie zu zun hat, was denn dann? Was ist dann Fantasie? Ich dachte, ist es Fantasie, wenn ich mir vorstelle am Strand entlang zu gehen, die Wärme der Sonnenstrahlen auf meiner Haut und den wärmen Sand an meinen Füßen zu spüren… ist das Fantasie? Oder ist das nur ein lausiger Tagtraum? Wenn ich all das schon einmal wirklich erlebt habe, dann hat es wohl wenig mit Fantasie zu tun, sich das vorzustellen. Dann rufe ich nur irgendwelche Erinnerungen ab… in einem Moment, in dem ich lieber am Strand spazieren gehen würde, als im Hier & Jetzt z.B. am Schreibtisch über Steuersachen zu verzweifeln.
Wenn ich aber noch niemals an einem Meeresstrand stand, noch nie die wärmenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut gespürt, noch nie den würzigen Duft des Meeres genossen und meine Füße noch nie beim Gehen im warmen Sand eingesunken sind, dann brauche ich wohl viel Fantasie, um mir das alles vorstellen zu können. Aber womöglich greife ich wieder nur auf Erinnerungen zurück: wie war das damals, als ich mit nackten Füßen in der Sandkiste herum stapfte? Wie war es im letzten Urlaub in den Bergen, als die Sonne mir ins Gesicht brannte? Wie roch es am Fischstand auf dem Jahrmarkt und wie sah das seinerzeit in dem Film aus, als der Typ ganz allein am Strand entlangging, oder in der Doku über die Malediven… der kilometerlange Strand und das Meer…
Ist es Fantasie, wenn ich mir aus meinem reichhaltigen Fundus meiner Erinnerungen eine Begebenheit vorstelle? Oder ist es nur eine Wunschvorstellung genährt aus Erinnerungen, glattgezogen und der jeweiligen Gemütsverfassung angepasst? Und wenn das alles keine Fantasie ist, muss ich mir ein quietschpinkes Meer und grüne Wolken vorstellen, um endlich fantasievoll zu sein? Was, um alles in der Welt, ist Fantasie????
Da gäbe es ja z.B. in der Literatur das Genre „Fantasie“. Also Geschichten, in denen sich allerlei Wesen tummeln, welche in der Regel seltsam anmutende Namen haben und zudem in Ländereien herumziehen oder leben, die noch seltsamere Namen haben. Spätestens an dieser Stelle macht sich bei mir wieder die Unfähigkeit zur Verarbeitung fremdländisch anmutender Sprachen bemerkbar: ich kapiere über_haupt_nüscht! Da ich nie weiß, wer was ist und wo er sich gerade befindet.
Ansonsten sieht es in Fantasiegeschichten ähnlich aus, wie im realen Leben und dazu gibt es Wesen und eine Flora, die etwas modifiziert wurden. Ferner gibt es in diesen Geschichten immer Dinge, die besondere Eigenschaften haben…
Also, vielleicht sind doch eher „Weltraumgeschichten“ der Fantasie entsprungen. Schließlich waren wir noch nie so weit von der Erde entfernt, um zu wissen was da draußen abgeht. Meine absoluten Kultfilme waren damals „Buck Rogers“ und die Star-Wars-Dinger – bis zu dem Moment, als die zurück in die Vergangenheit gingen. Ich persönlich will nicht wissen, wo die Wiege von Darth Vader stand, das interessiert mich einfach nicht. Sei´s drum. Auch Weltraumgeschichten orientieren sich letztlich sehr an Menschlichem. Müsste ich eine derartige Story schreiben, würden zwar auch Menschen mit ihren Raumgleitern durchs Universum ziehen, aber die Aliens wären „nicht von dieser Welt!“ Gut, das wäre dann womöglich so abgespaced, dass die Leute sagen würden: was für ein hirnrissiger Schwachsinn…
Dass Ringe magische Kräfte haben, kann sich der Mensch noch irgendwie vorstellen, aber dass ein Alien keinen Raumgleiter braucht, um von hier nach da zu kommen, ist einfach zu fantastisch, als dass es jemand denken möchte. Übrigens bräuchten die Aliens auch keine aufwändige Apparatur, um sich irgendwohin zu beamen – die könnten das ohne technische Hilfsmittel. Und weil die Aliens keine Raumgleiter brauchen, gibt es auch keine Photonenstrahl geschwängerten intergalaktischen Kämpfe – was Hollywood so ganz und gar nicht verknusen kann. Ein Weltraumspektakel ohne Spektakel? Neverever!!!
Nun ja, als Kind fand ich auch Donald Duck ganz toll und vor allem seinen reichen Onkel Dagobert. Aber jedes Mal, wenn der in seinen Pool gesprungen ist, dachte ich „Autsch, das muss doch weh tun!“ Und ich versuchte mir vorzustellen, ob es überhaupt möglich ist, in Geld zu schwimmen. Und ich kam zu dem Schluss, dass das nicht geht. Und so hat mich das immer ein bisschen gestört. Seltsamerweise habe ich nie Anstoß daran genommen, dass in Entenhausen ebendiese aufrecht laufen und reden können, dass die Hände haben, um etwas greifen zu können, dass die Federviecher in Häusern wohnen und fernschauen.
Als ich als junger Mensch über Fantasie nachdachte, glaubte ich eine Zeit lang, dass Maler die wahren Fantasievollen sind. Sie können schließlich blaue Pferde malen. Überhaupt können sie malen, was immer sie wollen, und wie sie es wollen. Und schon früh war ich fasziniert von M.C. Escher. Und ich dachte: wow, der hat Fantasie und der kann diese sogar noch verbiegen. Auch wenn er sich nur alt hergebrachtem bedient hat, er hat vielem noch eine weitere und vor allem geniale Dimension gegeben.
Irgendwann kam ich dann drauf, dass wohl eher Komponisten die fantasievollsten Menschen überhaupt seien. Denn während ich ein Bild nur anschaue und es nur während dieser Zeitspanne des Betrachtens etwas mit mir macht, können Komponisten dich für die Länge eines Musikstücks berühren. Sie können Gefühle mit ihrer Musik ausdrücken und ich kann sie während ich die Musik höre, empfinden.
Und Musik „hallt“ auch noch in mir nach. Das hat ein gemaltes Bild bei mir nie geschafft. Gut, ich habe mir die Begeisterung für ein Bild erhalten, aber das war immer eher eine Bewertung und nicht etwas, was mich ständig begleitete. Ich kann ja schließlich ein Bild nicht summen. Es bleibt mir nicht als Ohrwurm im Schädel hängen.
Irgendwann dachte ich dann, dass Komponisten und Autoren viel gemeinsam haben, also müssen auch Autoren fantasievolle Wesen sein. Komponisten erschaffen ihre Werke aus Tönen und Autoren ihre aus Worten. Beides ist nur in einem begrenzten Rahmen vorhanden. Töne und Worte werden nur immer neu zusammengestellt. Als junger Mensch dachte ich dann, oh wow, das ist genial. Ich stellte mir ein Klavier vor, und dass dieses eine Klavier alle jemals komponierten Musikstücke spielen kann. Ein Klavier hat alle Musik in sich, die es gibt und jemals geben wird. Und so ist es auch mit den Worten. Unsere Sprache umfasst soundso viel Worte und nur mit diesen Worten kann man jede Geschichte erzählen. So beinhalten auch unsere Worte jede jemals erdachte Geschichte ebenso, wie jede, die noch folgen wird. Dann sind Autoren auch Komponisten, sie komponieren nur eben mit Worten.
Aber hat es etwas mit Fantasie zu tun, wenn ein Komponist Noten harmonisch zusammenfügt? Oder ist das am Ende nur ein Handwerk? So wie das Schreiben eines Bestsellers im Grunde ein Handwerk ist. Der beste Plott wird sich nie in gedruckten Lettern als Buch wiederfinden, wenn der, der den Plott ersonnen hat, um das Handwerk der Autoren nicht weiß.
Was ist Fantasie? Ist Fantasie am Ende wirklich nur die Fährigkeit, Vorhandenes immer wieder neu zusammen zu stellen?
Vielleicht werde ich ja noch irgendwann dahinter kommen…
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Hier noch mehr gedankenverlorener Lesestoff:
Kapitel 376 / Denkweise
Einiges übers Lesen und Schreiben:
Kapitel 118 / Wortwahl
Kapitel 119 / Ausgedacht
Kapitel 136/ Abgrund
und einiges Wissenswertes über Wörter auf Welt.de
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